2015 Weserachter 02. - 04. Oktober (2)
12 Männer und ein Boot
Das hört sich ja fast wie der Bericht über ein Abenteuer an – und das wäre die Fahrt auch beinahe tatsächlich geworden. Und kurzzeitig hätte man auch sagen können: „12 Männer ohne Boot!“ - aber fangen wir von vorne an.
Treffpunkt war das Hotel „Zum schmucken Jäger“ in Hannoversch Münden, dort trafen die letzten Mitruderer am Freitagabend pünktlich um 20 Uhr ein. Die größere Gruppe hatte den Bootstransport übernommen und den Achter bereist aufgeriggert.
Für das Archiv hier noch einmal die Teilnehmer, nach Alter sortiert: Siegfried Held, Eckhard Schulz, Frank Weber, Udo Wegermann, Udo Kemmer, Friedhelm Blennemann, Hans-Ulrich Dönhoff, Dieter Borgmann, Dieter Peters, Axel Kunde, Volker Grabow und Ulrich Gründling.
Nach dem Essen wurde es spannend: Nichts war dem Zufall überlassen. Zuerst wurde der Berichterstatter bestimmt. Als Neuling beim Weser-Achter hatte ich keine Gegenargumente, das Resultat liegt vor.
Jetzt erfuhren wir, wer wann und wie lange rudert, steuert oder den Tross fährt. Auch die Ruderplätze waren festgelegt: Unser WaRuWa (WanderRuderWart) Dieter hatte einen präzisen Plan vorgelegt. Weil wir erstmalig den Weser-Achter als Riemenboot gerudert haben, war die Platzeinteilung ja auch ein wenig komplizierter.
Während die Ruderplätze bei anderen Ereignissen ausgelost oder erst nach einem Gerangel am Steg belegt werden, hatten wir sofort eine klare Übersicht über die nächsten Etappen.
Der Start war am nächsten Morgen. Der Achter wurde zu Wasser gelassen – pünktlich zum festgesetzten Zeitpunkt 9.00 Uhr, denn der Schleusenwärter war informiert und sollte das Tor schon geöffnet haben, wenn wir ankommen, damit wir uns nicht in der strömenden Fulda festhalten müssten.
Aber dann kam alles ganz anders. Das Boot wurde gemeinsam über den Steg getragen. Da dieser aber relativ hoch über der Wasseroberfläche war – was daran lag, dass die Fulda Niedrigwasser führte und der Steg auf den Steinen auflag statt zu schwimmen – hatten wir Mühe, den Achter abzulassen. Zu spät erkannten wir, dass auch noch die Bugleine fehlte und schon schwamm das Schiff frei auf der Fulda in zunehmendem Abstand von uns.
Schnell wurde klar, dass einer hinterherschwimmen musste, um das Boot und unsere Tour zu retten. Irgendwie schauten alle auf Axel, wahrscheinlich weil er als gebürtiger Hamelner die Gewässer gut kennt. Blitzartig entkleidetet er sich vollständig, sprang ins kalte Wasser, krallte sich das Boot und schwamm unter Applaus damit zum Steg zurück. Auf einen zweiten Sprung – einige Kameras waren nicht so schnell bereit – hat Axel allerdings verzichtet.
Mit dem inzwischen abgetrockneten und angezogenen Axel fuhren wir dann fast pünktlich in die schon geöffneten Tore in die Schleuse ein, die Tour konnte beginnen.
Das Niedrigwasser auf der Weser hat uns dann über beide Tage begleitet. Von Vorteil war, dass die Passagierschifffahrt eingestellt worden war und wir nicht gegen Dampferwellen zu kämpfen hatten. Problematisch war es aber beim An- und Ablegen, weil viele Schwimmstege ihrem Namen nicht gerecht werden konnten und auf Steinen auflagen.
Die nächsten Stunden verliefen bei strahlendem Sonnenschein ganz nach dem Motto „Genussrudern“: Schlagzahl 18, Trinkpause alle 5 km, Trosswechsel in Bursfelde (18,7 km), Bodenfelde (32,6 km) und Beverungen (51,7 km). Hier wartete die versprochene Gulaschsuppe (mit Nachschlagmöglichkeit). Gut erholt ging es weiter: Höxter (67,9 km) und schließlich zum letzten Ziel am Samstag: Holzminden (81 km).
Auf der Etappe nach Höxter schien noch einmal ein Hauch von Abenteuer aufzukommen. Wir überholten ein Schlauchboot mit acht jungen Damen an den Paddeln. Nach einem „Hallo!“ bzw. „Ahoi!“ meinte eine der Damen, wir seien wohl ein „70er-Achter“ - schlagartig war die Stimmung gedämpft. Abends im Hotel haben wir nachgerechnet: Die Damen lagen total daneben, wir kamen nur auf 69,7 Jahre Altersdurchschnitt!
Mit Kürbissuppe, Zanderfilets, Salat und einem kaum zu beschreibenden phantastischen Dessert haben wir uns dann im Hotel Buntrock in Holzminden erholt- ein paar alkoholische Getränke taten das Eigene hinzu.
Am Sonntag ging es dann auf die letzten Etappen nach Hameln: In Polle (92,2 km) und Bodenwerder (111 km) hat nach Plan der Tross gewechselt, dazwischen gab es die bewährten Trinkpausen ca. alle 5 km.
Erstmalig – so hat man es mir zumindest erzählt – gab es auch ein wenig Wein, gestiftet von den Ruderkameraden, die in Bernkastel noch eine Woche zuvor gewonnen und/oder den Sieg gefeiert hatten. Der Wein tat seine Wirkung, wir waren kurz davor, den „Ruhrtaler“ in „Ruhradler“ umzutaufen – in Anlehnung an das Zitat von Baudelaire: „Der Wein wandelt den Maulwurf zum Adler“.
Nach Abriggern und Waschen des Bootes (und der Hände!) kamen wir zum letzten kulinarischen Höhepunkt der Fahrt:; Schweinebraten im Bootshaus des RV Hameln.
In den Weserauen hallte es noch lange nach: Ein dreifaches „Hipp-Hipp-Hurra“ auf WaRuWa Dieter!
Hans-Ulrich Dönhoff