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10. April 2014

Zu Gast bei „Danish Dynamite“: Bericht eines Teilnehmers an den European Indoor Rowing Championships

Ergometer-Wettkämpfe erfreuen sich nicht nur im deutschen Indoor-Mekka Essen-Kettwig, sondern auch im europäischen Ausland zunehmend großer Beliebtheit.

Ein Höhepunkt der diesjährigen Wintersaison waren daher die 11. European Indoor Open, die am 25. Januar in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen stattfanden. Rund 750 Athleten aus 16 Nationen folgten dem Lockruf in die Gladsaxe Sportarena im Vorort Soeborg. Zur Belohnung für das lange Wintertraining hatte auch ich mich nach mehr als zehnjähriger Wettkampfabstinenz entschlossen, wieder einmal die Farben des RCW zu vertreten. Ziel war es, in der Altersklasse 30+ meine persönliche Bestzeit von 6:04 Minuten über die 2000-m-Strecke anzugreifen.
 

Der besondere, familiäre Charme der perfekt organisierten Veranstaltung wurde schon beim offiziellen Training am Freitag deutlich. Dort ergab sich die Gelegenheit zu einem kurzen Plausch mit Dänemarks aktuell erfolgreichstem Ruderer, dem dreimaligen Weltmeister im Leichtgewichts-Einer, Hendrik Stephansen. Angesprochen auf seinen Ergometer-Weltrekord in der Leichtgewichtsklasse versicherte Stephansen augenzwinkernd, er fühle sich nicht in der Form, seine Bestzeit aus der nacholympischen Saison zu unterbieten. Wie sich zeigen sollte, war das zwar richtig, aber doch „gepflegtes Understatement“: Es reichte immerhin zur schnellsten Zeit des Tages von 5:56,7 Min. – der Egalisierung seines Weltrekords.
 

Für mein eigenes Rennen gab es eine klare Strategie: Die Durchgangszeit von 1:31min/500m sollte möglichst lange und gleichmäßig gehalten werden, um die „Schallmauer“ von 6:00min für den ungeliebten Endspurt nicht aus den Augen zu verlieren. Nach dem Startsignal war es ein dänischer Lokalmatador, der mit einem starken Spurt sofort die Führung übernahm. Dahinter wechselte ich mich mit dem amtierenden Altersklassensieger der British Indoor Championships an der Spitze des Verfolgerfeldes ab. Das gleiche Bild an der 1000m-Marke: Vorneweg der Athlet aus Dänemark, hinter mir – allerdings stetig zurückfallend – der Brite. Bis ich die 1500m in 4:33,3min passierte, ging die Rennstrategie voll auf. Ich hatte den Rückstand auf den Führenden leicht auf 1,5sek bzw. virtuelle 8m reduziert und nach hinten etwas Luft. Was danach folgte, war leider ein einziger Schmerz: Es folgte ein Einbruch, wie er mir bis dahin – selbst auf dem Ergo – glücklicherweise(!) immer erspart geblieben war. Von Schlag zu Schlag wurde es zäher, 20m vor dem Ende musste ich den Ruderbetrieb völlig einstellen und mich über die Ziellinie treiben lassen. Es reichte trotz des bitteren Endes dennoch zur Silbermedaille. Die (nicht ganz zufrieden stellenden) 6:10,5min bedeuteten unter dem Strich einen Rückstand von 7sek auf den Sieger aus Dänemark. Auf den drittplatzierten Briten verblieb ein Vorsprung von 2,5sek. Weitere Konkurrenz aus Dänemark, England, Frankreich und Italien folgte auf den Plätzen.

 

Angeschlagen musste ich zunächst auf meine Siegerehrung verzichten und noch einige Zeit bei zwei gastfreundlichen Sanitätern verbringen, die mich von meinem Ergometer aufgelesen hatten. Von dort aus erlebte ich auch ein Spektakel, das die Halle in einen Hexenkessel mit Gänsehaut-Atmosphäre verwandelte. In der Leichtgewichtskategorie 40+ hatte die dänische Ruderlegende Esklid Ebbesen (u.a. Olympiasieger von Atlanta, Athen und Peking) auf dem Ergo Platz genommen und keine geringeren Ambitionen, als den Altersklassenweltrekord zu verbessern. Schien es noch 500m vor Schluss, als sollte dieses Ziel unerreichbar sein, startete Ebbesen einen fulminanten Endspurt. Unter großem Applaus der Zuschauer legte der 41-Jährige die letzte Minute seines Rennes wie entfesselt mit Schlagzahl 48(!) zurück, unterbot dabei seine bisherige Durchgangszeit um knapp 4sek und pulverisierte die alte Bestmarke in 6:16,8min. Das Rennen zählte sicherlich zu den absoluten Highlights der Indoorwettkämpfe bei den ruderbegeisterten Skandinaviern.  Insgesamt war der Ausflug ins schneebedeckte Kopenhagen ein rundum gelungenes Erlebnis, das die Mühen der monatelangen Vorbereitungen gelohnt hat.

 

1.2.2014, Holger Düchting

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