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10. April 2014

Joachim Ehrig neuer RCW-Trainer

Der einstige Olympiateilnehmer, Erfolgstrainer, Entwicklungshelfer und Sportpädagoge Joachim Ehrig wird ab sofort unsere RCW-Ruderkader trainieren. Er hat den Rudersport in Essen in den 70er und 80er Jahren entscheidend geprägt und den Namen Essen als Ruderhochburg um die halbe Welt getragen.

 

Joachim Ehrig wurde 1964 bei der Schülerruderriege des Goethegymnasiums durch den damaligen ETUF-Trainer und späteren NRW-Landestrainer Siegfried Kuhlmey-Becker für den Rudersport entdeckt. Zum ruderischen Talent fehlte ihm zunächst die entsprechende Kraft, um die Ruder mit der notwendigen Härte durch das Wasser zu ziehen und das Boot zu beschleunigen. Die Kraft hat sich der junge Sportler aber mit Ehrgeiz und Überlegung antrainiert, im Hantelkeller, an der Klimmzugstange und beim Hallentraining. Dabei machte er sich früh eigene Gedanken, mit welchen Methoden er sein Ziel erreichen könnte, und beschäftigte sich darum bereits als Jugendlicher mit der Trainingslehre. Seine lange, schlaksige Gestalt mit den zunehmend kräftiger werdenden Oberschenkeln, aber auch seine Fähigkeit, quer zu denken und dieses unkonventionell und zum Unverständnis mancher anderer auszudrücken und auch umzusetzen, brachten ihm - in Anlehnung an die Walt-Disney-Figur - den Spitznamen „Goofy“ ein.

 

Kuhlmey-Becker brachte „Goofy“ und einige seiner Kameraden nach der Schule zum ETUF, damit die Jungs unbemerkt von den Vätern trainieren konnten. Erster Sieg nach zwölf verlorenen Rennen: 27. Juni 1965 im Anfänger-Gig-Riemen-Vierer. Erster Rennbootsieg Langstrecke am 26. April 1966 im 4+, einziger Gegner war der WSV Herne.

 

Schlag auf Schlag folgten dann weitere Siege: in demselben Jahr Silber im Vierer bei den U 23 DM. Es folgte das Abitur und der 18-monatige Wehrdienst. Eine Sportförderkompanie  gab es damals noch nicht, und so kam 1969, gefördert durch den ETUF-Essen, der Durchbruch: 5. Platz als Schlagmann im Vierer ohne Steuermann bei den EM (seinerzeit eher eine WM) und in der Folgezeit in dieser Bootsklasse dreimal Internationale Deutsche Meisterschaften, eine Bronzemedaille bei der EM und eine Silbermedaille bei der WM. Bei den Olympischen Spielen 1972 gelang es der Mannschaft mit „Goofy“ auf dem Schlagplatz, die Bronzemedaille zu gewinnen.

 

Nachdem er als Aktiver den Riemen aus der Hand gelegt hatte, suchte er gleich nach Möglichkeiten, seine Erfahrungen weiter zu geben, und begann seine Trainertätigkeit 1976 bei der Ruderriege des TVK Kupferdreh. Eine unvergleichbare Erfolgsära für diesen Verein nahm damit ihren Anfang. Bis 1985 gewann Joachim Ehrig, zusammen mit seinem kongenialen Co-Trainer Udo Menning, mit seiner zeitweise 60 Aktive umfassenden Gruppe fünfmal in Folge die Gesamtwertung auf den Deutschen Jugendmeisterschaften. 30 Deutsche Meistertitel in drei verschiedenen Altersklassen wurden unter seiner Leitung errudert, zehnmal kehrten seine Schützlinge mit Medaillen von den U-23-WM und Junioren-Weltmeisterschaften zurück. Drei der von ihm als Jugendliche und junge Männer ausgebildeten Ruderer saßen im Goldachter bei den Olympischen Spielen in Seoul 1988. Insgesamt sammelte „Goofy“ in seiner Trainerkarriere etwas mehr als einhundert  Medaillen bei nationalen und internationalen Meisterschaften, von der offenen Klasse bis zu den Junioren B und in allen Bootsklassen, Leichtgewicht oder ‚offen’, Männlein und Weiblein.

 

Nach Abschluss eines Studiums in Biologie und Sport, seit 1977 verheiratet und seit 1978 Vater eines Sohnes, ergänzte er später seine Studien mit der Ausbildung zum Diplomtrainer und Organisationsleiter Sport. Mit diesen Kenntnissen und seinen Erfahrungen aus der Zeit als Rennruderer und Trainer entsendete ihn das Nationale Olympische Komitee, gemeinsam  unterstützt von der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach–Stiftung unter Vorsitz von Berthold Beitz, in die Volksrepublik China, um ein Ausbildungssystem für Rudertrainer aufzubauen und gleichzeitig die chinesische Nationalmannschaft zu betreuen. Mit Elan und dem erforderlichen Fingerspitzengefühl für die uns fremde Kultur, aber auch mit der notwendigen Beharrlichkeit machte er sich ans Werk. In den zwei Jahren seiner Tätigkeit dort gewannen die chinesischen Mannschaften zwei Gold-, drei Silber- und zwei Bronzemedaillen auf Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. Heute sind die Mannschaften aus dem asiatischen Land eine feste Größe im Rudersport.

 

1989 erfolgte die deutsche Wiedervereinigung und stellte damit neue Herausforderungen an sein Können. Die Einbindung der DDR-Sportclubs und Sportinstitute von Ostberlin in die Förderstrukturen des Spitzensports in Deutschland sowie die Koordination der sportwissenschaftlichen Institute und Leistungsdiagnostik-Zentren für die Landes- und Bundeskaderathleten beschäftigten ihn bis 1993 als leitender Landestrainer des Landesruderverbandes Berlin Ost und West, bevor er eine Lehrerstelle am Dore-Jacobs-Berufskolleg für Gymnastiklehrer/innen in Essen antrat, der ältesten noch existierenden Gymnastikschule Deutschlands. Hier konnte er seinem „Hobby“ frönen, nämlich die Fächer Anatomie, Trainingslehre und Sportmedizin zu unterrichten, bis hin zum staatlich  geprüften Examen. Seit Mitte der 90er Jahre bildete Goofy regelmäßig für den Verband Trainer-C-Anwärter aus. Nebenamtlich leitete Goofy sowohl für den ETUF als auch für den TVK den Kindernachwuchs mit großem Erfolg.

 

Altersbedingt haben sich natürlich seit Jahren seine Prioritäten geändert: In seiner Funktion als Herzsportleiter führt er in seinem Pkw stets einen AED (Defibrillator) und einen Notfallkoffer mit. Er arbeitet seit 2006 in der Kommission der KddR (Konföderation der deutschen Rückenschulen) mit, die seitdem Inhalte, Ziele und Curricula usw. für die moderne Rückenschule entwickelt hat, und darf daher natürlich auch Rückenschullehrer ausbilden. Außerdem besitzt er den Lehrschein der DLRG für die Ausbildung zum Rettungsschwimmer.

 

 1.3.2014, Dieter Peters/Joachim Ehrig