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24. Juni 1988

1988 Olympische Spiele Seoul


Bronzemedaille für Volker und Guido Grabow, für Jörg Putlitz und Norbert Keßlau.
Wir gratulieren herzlich !

Sie halten als Ruhrvierer fast alles erreicht; was fehlte, war eine olympische Medaille. Nun haben sie sie auch! Sie wird sicherlich im Mittelpunkt ihrer umfangreichen Trophäensammlung stehen.
Olympische Spiele haben eine Ausstrahlungskraft, der man sich als Aktiver nicht und nicht als Zuschauer entziehen kann. Zwei Wochen lang steht die Welt im Bann der Spiele, und Erfolge erhalten einen zusätzlichen irrationalen Wert. Und so freuen wir uns, daß sie, wie kein anderes deutsches Boot, von Kolbe abgesehen, als zweimaliger Weltmeister unter Erfolgsdruck stehend, bei Olympia erfolgreich waren und die Bronzemedaille gewonnen haben. Es gab am 25. September wohl keinen Wittener, dem Rudersport verbunden oder nicht, der diese Freude nicht von Herzen geteilt hat.

Sie haben es sich nicht leicht gemacht. Ihr Trainingsprogramm war in diesem Jahr konsequent so aufgebaut, daß sie ihren Leistungshöhepunkt erst in Seoul erreichen würden. Riskant, denn damit nahm man in Kauf, daß es am Anfang der Saison nicht so lief wie erhofft, was auch prompt eintraf. Das hat vielen gar nicht gefallen, zum Teil derbe Kritik blieb auch nicht aus. Es hat auch die Ruderer manchmal zweifeln lassen, wie der zeitweise Wechsel am Schlag zwischen Norbert Keßlau und Guido Grabow gezeigt hat. Aber eines ist in dieser Vorbereitungsphase eigentlich nie in Rechnung gestellt worden, daß man immer nur so gut sein kann, wie es der - oft auch noch jüngere - Gegner zuläßt. Olympia motiviert auch andere Mannschaften. Im Vierer o. St. war es in diesem Jahr tatsächlich so, daß sieben bis acht Boote gleichzeitig ihre Ansprüche anmeldeten und daß, sieht man von dem großen Favoriten DDR ab, fünf Boote am Schluß übrig blieben,

die für jeden Einlaufplatz hinter der DDR gleich prädestiniert waren. Mit Großbritannien, den USA, der UdSSR, Italien und unserem Ruhrvierer standen auf dem Rotsee und in Seoul exakt dieselben Mannschaften im Endlauf. Da relativieren sich die zwar erhofften, aber nicht realisierten Wünsche zu Beginn der Saison, was auch für die verpaßte 6. Deutsche Meisterschaft gilt, denn der Konkurrent aus dem späteren Goldachter hatte, wie der Achter überhaupt, in diesem Jahr eine Ausnahmestellung.

So erwies sich denn das Trainingsprogramm als richtig ! Man war in Seoul auf die Minute topfit, so daß man, was am Rotsee noch nicht möglich war, wo man Sechster geworden war, neben der DDR nur die USA mit einer knappen halben Länge vorbeilassen mußte. Großartig, wie man das Halbfinale vor Italien und den USA gewann, und wie man im Endlauf immer mit vorne war und den dritten Platz sehr eng, aber doch souverän vor England, Italien und der UdSSR behaupten konnte.

Den Mannschaften aber, die das Treppchen nicht erreicht haben, und namentlich den Engländern als Vierten gebührt, wie wir meinen, ebenfalls hohe Anerkennung. Die Engländer, so hieß es, seien sehr enttäuscht gewesen. Sie waren nicht so hoch favorisiert wie unser Vierer 1984 als amtierender Weltmeister. Aber sie haben die ganze Saison hervorragende Ren­nen gefahren und waren erste Medaillenanwärter. Sie haben im Mai unser Boot zweimal klar geschlagen und waren auf dem Rotsee hinter der DDR nur knapp Zweiter. In Seoul sind sie kaum schwächer gewesen. Da ist es schon bitter, von unserem Boot mit kleinem Abstand auf den vierten Platz verwiesen wor­den zu sein. Hier zeigt sich die Kehrseite des Leistungssports, er kann grausam sein. Nicht nur bei den Ruderern, in allen Wettkämpfen gibt es einen vierten Platz, und kaum einer spricht darüber.

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