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24. September 2004

2004 Ruder-Marathon in Lüttich

 

Marathon auf der Maas – eine extreme Erfahrung

 

Die Hauptsaison war mit der deutschen Meisterschaft in Essen ausgeklungen, und die Skulls wurden für eine mehr oder minder lange Sommerpause in die Ecke gelegt – bis es im September wieder hieß: „Ab in die Boote!“, warteten schließlich die Herbstregatten darauf, bewältigt zu werden. Ich möchte hier jedoch nicht von den großen und wichtigen Wettkämpfen in Münster berichten, sondern vielmehr die Eindrücke eines Erlebnisses anderer extremer Art schildern.

In den letzten drei Wochen vor den Herbstferien hieß es nämlich nicht nur: Kraft für die Kurzstrecke sammeln, sondern des weiteren Vorbereitung für unseren ersten Rudermarathon über 34 bzw. 43 km in Lüttich zu treffen. Somit machten wir uns eine Woche, nachdem wir uns auf 370 Meter in Münster präsentiert hatten, auf den Weg ins belgische Liège.

Wenn man sich, seitdem man im Boot sitzt, höchstens auf 6 km Rennen geliefert hat oder vielleicht noch nie mehr als 20 km gerudert ist, fragt man sich natürlich, wie man konkret 34 Km (die Distanz für die Junioren) bestehen (/überleben) soll; soll man ohne Pause durchfahren (mein erster Ansatz) oder doch lieber Mamas Nudelsalat für die Kohlenhydrate einpacken und das Ganze eher nach dem Muster „Ich fahr´ so lange, bis mein Hintern wehtut und mach´ dann ´ne Pause“ angehen? Und dann weiter: Wenn man Pausen macht, macht man dann alle 2, 5 oder 10km eine??? Fragen über Fragen, die letzten Endes mit Walter „Teddy“ Behr, einem befreundeten Bootsbauer und Lüttich-Kenner, geklärt wurden.
 
Somit „tunten“ wir unsere (Renn-)Boote erst einmal mit meterweise Plastikwellenbrecher und Panzerband, um auf der oft äußerst ruderunfreundlichen Strecke in der Lütticher Innenstadt auch die letzte Welle daran zu hindern, uns vollkommen zu durchnässen bzw. uns absaufen zu lassen.
Jetzt stellte sich nur noch die Frage nach der Verpflegung; hier jedoch war ebenfalls schon vorgesorgt worden. Vom Klub gesponserte isotonische Getränke wurden mit Energy - Gels und Magnesium - Tabletten zu einem hochenergetischen Gebräu gemixt und in den Booten befestigt. So gewappnet waren „nur“ noch die vier bzw. fünf Runden für zehn Wittener Boote zu bewältigen; hier eröffneten sich uns jedoch erst die wahren Schwierigkeiten des Rennens.
 
In der „Lièger“ Innenstadt gelegen war die Strecke über die Maas keineswegs das, was man sich in einem Rennboot wünscht; nach ca. 4,2km mit Schiebewind und höllischen Kreuzwellen sah man sich nach einer Wende zwangsläufig einem (mir wesentlich lieberen) Gegenwind gegenüber. Hatte man die darauf folgenden relativ kurvigen 4,3km bewältigt, ging das Ganze von vorne los – für drei bzw. vier weitere Runden. Neben den durch Wind verursachten Wellen hatten wir des weiteren mit den (uns als Ruhr - Ruderern völlig unbekannten) riesigen Tankern und natürlich den unzähligen Brückenpfeilern zu kämpfen (Zitat eines Junioren: „Ich bin am Pfeiler mit dem Skull hängen geblieben und der hat sich so verbogen, dass ich dachte, er würde brechen!“). Neben den äußeren Gefahren gab es natürlich noch die medizinische Sicht des Ganzen.
 
Schreckliche Krämpfe (vor allem im Hintern, nachdem man aus dem Boot gestiegen war), Hungeräste und Ähnliches machten die eine Seite aus, die jedoch schnell wieder vergessen war, wenn man sich nach warmer Dusche darüber klar wurde, dass man die Herausforderung bewältigt hatte. So traten die Schmerzen schnell in den Hintergrund und machten der Freude über den Zinnteller Platz, den man dafür bekam, dass man das Ziel in vorgegebener Endzeit erreicht hatte.
 
Interessant für uns waren jedoch weniger die vom Junioren – B - Doppelzweier (Christoph Schröder & Sören Kunde) und Männer-Doppelvierer (Jonas Moll, Henning Böttcher, Hendrik Schenck und Georg Hellinger) eingefahrenen Pokale, sondern vielmehr die Gesamtwertung, die wir gewinnen wollten. In den vergangenen Jahren war diese vom Honnefer Ruderverein erstritten worden – zusammen mit je einem Skiff der Werft Bootsbau Behr. Umso wichtiger waren die guten Platzierungen unserer zehn Boote und gegen 20.00 war es offiziell: Wir hatten den Gesamtsieg knapp vor dem WSV - Honnef errungen und damit einen Trainings - Einer im Wert von 2200 Euro erkämpft.

Angesichts dieses Erfolges war die Stimmung in den folgenden Tagen entsprechend gut; es gab sogar schon Kampfansagen von verschiedenster Seite, was den folgenden Marathon betrifft. So verkündete selbst der eher Kurzstrecken liebende Jonas, er wolle nächstes Jahr auf jeden Fall wieder dabei sein (um eventuell sogar einen Messingskull zu gewinnen, der den Ruderern harrt, die das Rennen 10-mal erfolgreich absolvieren). So schlimm können die 34 bzw. 43km also wahrlich nicht gewesen sein…und nächstes Jahr gibt es vielleicht wieder einen Einer zu gewinnen.

Vielleicht hat hiermit ja der ein oder andere Junior oder Master (, sind ja gerade die „Alten Herren“ für ihre Zähigkeit auf der Langstrecke bekannt!) Blut geschmeckt, sodass nächstes Jahr noch mehr als 21 Ruderer in Liège dabei sind, die sich sagen: Wir sind hier, um die Maas zu bezwingen und (vielleicht sogar) das Gesamtklassement für den Ruderclub zu gewinnen. Ich für mein Teil schließe mich auf jeden Fall Jonas Kampfansage an; so ein Messingskull macht sich sicher gut im Bücherregal.


Simon Faissner

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