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23. März 1994

1994 Besuch auf Zeche Zollverein

 

Kunst im Revier:  Besichtigung von Galerie und lndustriemuseum

 

Auf Initiative von Werner Rau begaben sich dreißig Ruderinnen und Ruderer der reiferen Jahrgänge auf eine Excursion ins Industriemuseum „Zeche Zollverein.“ Ziel waren nicht nur die Anlagen der heute still-gelegten Zeche, sondern auch eine Kunstgalerie, die der bekannte Galerist Heimeshoff in dieser Zeche als Dauerausstellung eingerichtet hat.

 

Nach einer kurzen Einführung über die neue Nutzung der Zechenanlage führte uns ein Fachbegleiter durch die Anlagen. Dort, wo heute Gleisanlagen und Stahlkonstruktionen vor sich hin rosten, der Wind durch zerbrochene Fensterscheiben pfeift, Tauben vor Schreck auffliegen und einsame Öltropfen einfallende Sonnenstrahlen farbenprächtig reflektieren, verdienten seit 1852 Generationen von Bergleuten ihr Geld.

Täglich wurden 12000 Tonnen Steinkohlen gefördert. 1928 erhielt die Zeche ein neues Gesicht. Die von den Architekten F. Schupp und M. Kremmer aus einem „Guß“ erbauten Übertageanlagen aus Eisenfachwerk, Ziegelmauerwerk und viel Glas machten die Gebäude um den Albert Vögler Schacht zur schönsten Anlage der Welt. Doch nur rund 50 Jahre waren der Zeche im neuen Gewand gegönnt. Heute können wir an der Hängebank die Betriebsamkeit von einst nur erahnen, sie aber aller bildhaften Schilderungen des Bergmannes i.R. zum Trotz nicht vorstellen. Mannshohe Fotos von Bergleuten wirken hilflos und sind ein Versuch, den stetigen Verfall zur Industrie­Brache zu verdrängen.

 

Immerhin war das nach wie vor imponierende Ambiente der Anlage der Galerie Heimeshoff der Versuch wert, die beiden Welten Industrie und Kunst zusammen zu bringen, ein altes Zechengebäude nicht verfallen zu lassen und einer neuen Nutzung zu zuführen. Politik ist eine Einstellungssache, Religion eine Glaubenssache und über Kunst diskutiert man unendlich lange, ohne häufig den Kunstschaffenden zu begreifen. Gemälde, Zeichnungen, Plastiken von nur wenigen Kilogramm oder auch tonnenschwer waren ausgestellt. Daneben einige Installationen und Fotoserien in schwarzweiß oder in Farbe. Preise wurden nicht angegeben. Man erfuhr sie auf Anfrage. Mancher verweilte minutenlang vor einem Großbild, um auch das kleinste Farbfleckchen zu erfassen. Ein anderer streichelte behutsam eine Plastik und bemerkte: „Die möchte ich schon besitzen!“ Vor einer gerahmten Serie mit ausgewählten Begriffen konnte der Betrachter sich nicht zurückhalten und kommentierte: „Das kann ich auch, kein Problem.“ Aus der Entfernung aber hörte er: „Unverkäuflich, das kann niemand bezahlen!“ Eine Fotoserie der Anlagen der Zeche Zollverein überzeugte durch ihre Aussage und technische Qualität. 1500,-DM sollen die zwanzig Bilder kosten. Mehrere Schmiedestücke gaben zu erregten Diskussionen Anlaß und erinnerten an die Halbzeuge einer Herbeder Fabrik.

 

Der Abschluß war in den Theaterstuben in Witten, um bei einem Glas Bier das Gesehene noch einmal zu diskutieren und Revue passieren zu lassen. Dank sei an dieser Stelle Inge und Werner Rau gesagt, die sich sehr viel Mühe gegeben haben, um „Kunst im Revier“ zu einem Erlebnis werden zu lassen. Eine Wiederholung ist erwünscht.

Gustav Adolf Wüstenfeld

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