24. März 1995

1995 Ein Wochenende in Mainz

 

Wittener Ruderer prüfen Kultur und Gastlichkeit am Mittelrhein

ZDF-Länderjournal, Weinprobe, Stadtrundgang, Privatbrauerei, Sektkellerei Kupferberg, Gutenberg und seine Erfindung - das alles bot das Mainzer Wochenende. Doch der Reihe nach:

Nach Einzelreise mit Bahn oder PKW begann - von Siegfried Held perfekt in Szene gesetzt - im Kasino des ZDF das Mainzer Wochenende "Wittener Ruderer und Ruderinnen".

Eine ZDF-Mitarbeiterin informierte über das Mainzer Sendezentrum mit seinen technischen Anlagen, untergebracht in einem umbauten Raum von 392 000 m3. 3444 Mitarbeiter sind auf dem Lerchenberg tätig. Ein kurzer Film über die Arbeit in den Studios ergänzte die Einführung. -

 

Pünktlich vor Sendebeginn wurden wir dann zum Studio des Länderjournals geführt, nahmen auf ansteigenden Sitzbänken Platz und lernten einige Besonderheiten einer Fernsehaufnahme.

Wichtig: Nicht den Verwandten zuwinken, nicht mit der Kamera blitzen, keine Reden halten. Interessant war die Beobachtung der Moderatorin, der Kameraleute, der Kabelschlepper und ganz allgemein der Regie. Unter der Studiodecke waren viele Lampen angebracht, durch Fernsteuerung betätigt.

Vor den Zuschauern standen mehrere Monitore, die die eingeblendeten Filmreportagen zeigten. Auf die Sekunde genau setzte die Moderation ein, die roten Lampen der Fernsehkameras leuchteten auf. Dazwischen eine Pause, 2 Minuten und 10 Sekunden genau, es durfte geredet werden. Dann wieder Stille, ein Sänger traf auf, es folgte eine Sängerin. Und wieder Musik- Ausblenden- die Moderatorin beginnt ein Interview mit einem Studiogast. So verging die Zeit wie im Fluge, wir waren um einige Eindrücke reicher und ab ging es ins Hotel.

Dort blieb nicht viel Zeit zum Abendessen, denn die Weinprobe wartete. Auf einen Blauen Portugieser Weißherbst folgte ein Kerner Kabinett-Halbtrocken; eine Scheurebe Kabinett; um von einem Müller-Thurgau abgelöst zu werden. Man schwenkte das Glas, man prüfte die Farbe, der Winzer erzählte, man diskutierte, man lernte dazu. Am Ende dachte man nur noch an die Trinktemperatur von 8°C, an eine Restsüße von 0,6-76,8 g/Liter, den Säuregehalt von 7-8g/ Liter und den Alkoholgehalt, ihn spürte man später auch am Gang. Zum Abschluß wollte man noch ein Bier. Fünf von uns kamen noch in den Gasthof, dann schloß der Wirt die Tür. Polizeistunde, Ordnung muß sein.

Am nächsten Morgen waren wir schon frühzeitig in der Innenstadt. Siegfried Held war gut vorbereitet, wir folgsame „Touristen“. Mainz - heute Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz - wurde um Christi Geburt von Drusus als römisches Kartell Mogontiacum angelegt und war im Mittelalter eine bedeutende Bischofstadt. Heute zeugen das Römisch-Germanische Museum und das Gutenberg Museum ebenso von der Kulturstadt Mainz wie unter anderem der Renaissancebrunnen und die Chagall-Fen­ster, deren blaue Farbabstufungen wohl alle begeistert haben. Doch einen Namen hat Mainz heute auch als Industriestadt.

Der kulinarische Teil kam auf dieser Fahrt aber auch nicht zu kurz. In der Privatbrauerei „Eisgrub-Bräu“ erfuhren wir, daß Hopfen, Malz und Wasser zur Würze gekocht werden, im Gärkeller Hefe zugesetzt wird und nach einer Woche Jungbier entsteht. Nach vierwöchiger Reifezeit heißt es dann „Ruck-Zuck hinein“. Wir haben nicht gezögert, es ausgiebig zu probieren. - Nach dem Mittagessen war die Sektkellerei Kupferberg unser Ziel. Es war eine eigene Welt. Durch ein schmiedeeisernes Tor kamen wir an der Pförtnerloge zum Wartezimmer, wo wir auf Wiener Stühlen Platz nahmen und warteten, bis „Sie“ kam, uns begrüßte und ins Firmenmuseum führte. In großen Räumen wurde uns die Geschichte der Sektkellerei im allgemeinen und die der Familie im besonderen vorgestellt. Nicht unerwähnt blieb, daß Bismarck hier eine Woche lang ein Arbeitszimmer hatte und von hier die Geschicke Preußens beeinflußte.

In die Kellerei mit den großen Holzfässern ging es dann treppab. Deren Stirnseiten waren reich verziert und die Jahreszahl der Inbetriebnahme angebracht. Wir erfuhren Einzelheiten über das Werden des Sektes und über die Leistungen der Arbeiter, an einem Tag 25000 Flaschen zu bewegen. Das war die Menge, die, geschätzt, in einer einzigen Nische lagerten. Zelebriert wurde uns der Sekt in einem komfortabel eingerichteten Raum. Exakt ausgerichtet standen die Gläser hintereinander, lautlos

Unauffällig vornehm stand der Service bereit, und „Sie“ erklärte die Eigenschaften des Sektes, zeigte, wie ein Glas angefaßt werden sollte. Es war eine eigene Welt! Gut, daß uns wenig später ein klappriger schmutziger Vorortzug nicht nur nach Bodenheim, sondern auch wieder in die heutige Welt zurückbrachte. - Den Abend ver­brachten wir im Battenberger Hof bei Kaminfeuer in anregender Runde. Es wurde spät.

Zum Abschluß stand am nächsten Morgen der Besuch des Gutenbergmuseums auf dem Programm. Es gibt nur wenige schriftliche Überlieferungen aus dem Leben des Johannes Gensfleisch zur Laden, genannt Gutenberg, der mit seiner Erfindung des Winkelhakens, und mit dem Handgießinstrument erst den vielfachen Druck eines Buches ermöglichte. So ist die 42 zeilige Gutenberg Bibel mit 296 verschiedenen Buchstaben und ca. 2 Millionen Typen gedruckt worden. Auf der Handpresse mußten in seiner Werkstatt für 180 Exemplare 60.000 Seiten bedruckt werden.

Unserem Reiseleiter Siegfried Held und seiner Marita möchte ich im Namen der Kirsch‘s, der Noll‘s, der Güthoff‘s, der Kemmer‘s, der Wenig‘s, der Wüstenfeld‘s, I.von Diecken‘s, FG. KroeIl‘s, H.W. Brück‘s und H. Frinken‘s sehr herzlich danken.
Wir warten auf das nächste Angebot der „S. Held - Touristik‘.

Gustav Adolf Wüstenfeld