16. Juni 2005

2005 50 Jahre Do-Stammtisch-Festvortrag

 

Fünfzigjähriges Jubiläum des Donnerstag-Stammtisches
Festvortrag von Horst Noll

 

Herr Präsident, Herr Vorsitzender, meine Herren,


ich meine, das sind genug der Förmlichkeiten,
guten Abend liebe Ruderkameraden!

Ein fünfzigjähriges Jubiläum, der 50. Geburtstag, nicht viele Männer sind hier im Saal, die das an sich selbst noch nicht erlebt haben. Also nichts Besonderes ?
Bei uns Männern nicht. Denn letztlich trifft es jeden, wenn das Schicksal einem nicht ganz übel mitspielt.

Aber bei einem Stammtisch sieht das schon etwas anders aus.
Ein Stammtisch, das heißt in diesem Fall eine Männerrunde, die sich über einen Zeitraum von 50 Jahren immer wieder trifft, scheint mir, ist sehr wohl etwas Besonderes. Auch wenn die Mitgliedschaft sich im Laufe der Jahre etwas verschoben hat.


Die Männer der ersten Stunde sind nicht mehr dabei, es sind neue Mitglieder hinzugekommen; man kann aber sagen, in den letzten Jahren hat es nicht viele Veränderungen der Mitgliedschaft gegeben. Es sind wenige Neue hinzugekommen, wir hatten, Gott sei Dank, aber auch nur wenige Abgänge zu beklagen.

Wie kann sich eine im Grunde lockere Gemeinschaft über einen so langen Zeitraum, und das sind 50 Jahre ja, lebendig erhalten. Ich werde das später erklären.

 

Es begann damit, dass eine  Altherren - Mannschaft zusammen saß um ihren ersten Achtersieg zu feiern. Das war in Trier.
Man kann es sich auch heute noch vorstellen. Im Laufe des fortschreitenden Abends wird die Stimmung immer besser, es werden Pläne gemacht und es kommen die verwegensten Gedanken auf.
Hier entstand er Gedanke, einen Stammtisch zu gründen. Es gab zwar schon den Freitag-Stammtisch, aber dorthin zog es die aktiven Ruderer nicht. Dort waren ältere Mitglieder, die auch dem aktiven Rudersport nicht so verbunden waren. Es gab dorthin Kontakte, die waren aber eher förmlich als kameradschaftlich.

 

Wieder zu Hause, versammelten sich also die Alten Herren / Senioren des Ruderclubs, um  ihre Idee in die Tat umzusetzen.
Am 16. Juni 1955, also heute vor 50 Jahren, findet der Gründungsakt statt und es wird beschlossen:

Jeden Donnerstag um 20 Uhr treffen sich alle interessierten „Alten Herren“  zu einem Stammtisch unter dem Motto „ruck zuck hinein“. Ehrenvorsitzender ist Friedrich Wilhelm Moll.


Die Gründungsmitglieder sind:
A. Fischer, Heinrich Gruschke, Lutz Haarmann, Helmut Hasenohr, Robert Hermes, Dr. Ulrich Hesmert, Rolf Jungjohann, Heinz Kasischke, Friedrich Wilhelm Moll, Dr. Kurt Soeding, Willi Walkenhorst, Herbert Wiesenthal.

Und man legte auch gleich die Regeln für die wöchentlichen Zusammenkünfte fest:


Man trifft sich immer donnerstags. Der Stammtisch wird durch den Präsidenten eröffnet und zwar um 20 Uhr, oder etwas später, aber nicht vor 20.00 Uhr.
11 Stammtischmitglieder müssen anwesend sein.
Die Eröffnung erfolgt mit einem „Underberg“ und dem Gruß „Ruck-Zuck-Hinein“. Frauen sind nicht zugelassen.
Bei Anwesenheit einer weiblichen Person (außer der Kellnerin) wird der Stammtisch nicht eröffnet.
Diese Maßnahme ist aber in keiner Weise auf evtl. Frauenfeindlichkeit zurückzuführen.
Nein, sie diente einzig und allein dem Schutz des weiblichen Geschlechtes. Oder kennt jemand eine Frau, die gerne Underberg trinkt?
Es ist überliefert, dass zu der damaligen Zeit der Eröffnungs-Underberg immer von Friedrich-Wilhelm Moll, dem Ehrenvorsitzenden, spendiert wurde. Heute Abend wieder, aber nun von seinem Sohn.
Wir würden uns freuen, wenn dieser schöne Brauch wieder aufleben könnte. Erfreut  bedanken wir uns bei Herrn Moll für diese Geste. Er kann aber unbesorgt sein, bei dem heutzutage üblichen Konsum kann er das lässig aus der Portokasse zahlen.

 

Der Erste, der mit diesen Regularien umgehen musste, war der Ruderkamerad Heinrich Kasischke. Er war zum Stammtischpräsidenten gewählt worden, wobei man Friedrich-Wilhelm Moll, dem damaligen großen Förderer des RCW, die Ehrenpräsidentschaft angetragen hatte.

Der Gründung dieser Gemeinschaft, des Stammtisches, lag ein Umstand zu Grunde, der über all die Jahre ein Garant für das weitere Fortbestehen sein sollte. Dieser Umstand war das gemeinsame Interesse und die gemeinsame Freude am Rudersport.

 

Die sportliche Aktivität, das Rudern, war der Anlass des Treffens in Trier, der sportliche Erfolg war der Grund für die fröhliche Stimmung und die sich an diesem Abend entwickelnde Kreativität. Und dieses war auch über all die Jahre der Treibriemen für die Gemeinschaft und das Fortbestehen des Stammtisches.
Von dieser Männergemeinschaft, die ihre sportliche Heimat im Ruder-Club Witten hatte, hat darum nicht nur der Stammtisch, sondern auch der Ruder-Club profitiert.

 

An dieser Stelle stellt sich die Frage: “Wie sah der Ruder-Club denn zum damaligen Zeitpunkt eigentlich aus“ ?
Der Clubvorsitzende war Hans Schüler-Bredt, ein Wittener Fabrikant, sein Stellvertreter Gottfried Trommer, Ruderwart war Robert Hermes, Bootswart Rolf Jungjohann und der Kassenwart hieß Helmut Hasenohr.

 

Das Wettkampfrudern wurde intensiv und erfolgreich betrieben.
Es gab erfolgreiche Damenmannschaften sowohl im Jugend- als auch im Seniorenbereich. Die Jungruderinnen hatten ihren großen Erfolg im Gewinn der deutschen Jugendmeisterschaft im Gigboot (das war jedoch ein Jahr später). Gesteuert wurde das Boot von Bärbel Kieselbach, heute  Bärbel Hebestreit.
Es gab die Jungruderer, von denen uns heute noch die Ruderkameraden Peter Wilhelm und Siegfried Knoop aktiv begleiten..
Und es bestand eine sehr aktive und erfolgreiche Alt-Herren-Truppe. Diese Alten Herren waren im Einer, im Vierer oder im Achter unterwegs und konnten ein stolzes Alter um die 35 Jahre vorweisen.

 

Und sie waren die Keimzelle des Donnerstag-Stammtisches.
Sie ruderten ausschließlich auf Regatten und haben, wie mir Robert Hermes berichtete, dafür auch hart trainiert. Es ist nicht erinnerlich, dass es gleichaltrige „Nicht-Rennruderer“ gegeben hätte.
Wanderfahrten kannte man damals nicht oder sie wurden in Witten nicht gemacht und auch das Rudern, wie wir Alten es heute betreiben, einmal weiße Mauer, einmal Stahlwerk, war damals nicht üblich. Vielleicht, weil damals so alte Leute wie wir heutzutage nicht mehr ins Boot gestiegen sind.
Und das mag auch seinen guten Grund gehabt haben, den ich später noch ansprechen möchte.

Wie es sich aus heutiger Sicht darstellt, waren die Mitglieder des Stammtisches der sportlich aktive Teil des RCW, und, wenn man mal von den Jungruderern absieht, der Ruderclub schlechthin. Alle Clubaktivitäten wurden wesentlich von dieser Gruppe beeinflusst, natürlich auch dadurch, dass Mitglieder des Stammtisches, also aktive Ruderer, diverse Vorstandsfunktionen ausübten.
Und das hat sich in den folgenden Jahrzehnten auch nicht geändert.

Nur die Zeiten haben sich geändert.
Ich möchte noch einmal zum Gründungsjahr 1955 zurückkommen.
Wie sah es damals aus in Deutschland?

 

Am 8. Mai 1945, also 10 Jahre vorher,  war der Krieg zu Ende gegangen. Es herrschte Nachkriegszeit.
Und wenn ich eben davon gesprochen habe, dass es damals keine älteren Ruderer gab, so wie heute, dann lag das auch daran, dass diese Männer nicht die Gelegenheit hatten, über einen Zeitraum von 30 Jahren gemeinsam zu rudern und gemeinsam alt zu werden; so wie wir später.  Die hatten damals anderes zu tun, denen waren andere Aufgaben zugeteilt worden.

Am 19.06.1948, also 7 Jahre vor Stammtischgründung, erfolgte die Währungsreform und 1949 wurde die Bundesrepublik gegründet.
Es war Aufbruchsstimmung, das Wirtschaftswunder begann. Das Wachstum lag 1955 bei 12 %. Es ging  richtig rund. Im jetzigen Jahr krebsen wir bei 1,0 %. Oder gibt es neuere Zahlen?
Kürzlich haben sich einige Leute aus der Wirtschaft  zu diesen früheren Jahren geäußert.

Zitat 1
Die 1949 gegründete Bundesrepublik ging einem phänomenalen Wirtschaftsaufschwung entgegen, dem deutschen “Wirtschaftswunder“.

Zitat 2
"Wir brauchten diese Aufbruchsstimmung. Da lag Deutschland zerstört am Boden; es war eine unendliche Möglichkeit für alle Leute da, die überlebt hatten.

Ein Anderer beklagt die heutige mangelnde Aufbruchsstimmung hier in Deutschland:
Er sagt: "Ich glaube, was damals auch vorhanden war, war eine ganz andere Solidarität, weil man eben Kriegsgeneration war, weil man Entbehrungen hatte.
Und das war eine Aufbruchsstimmung wie man sie heute in China findet."

Ende der Zitate

 

Und diese Aufbruchsstimmung und die gemeinsamen Interessen gaben Schub, förderten die Gemeinschaft und kamen dem Stammtisch und damit dem RCW zugute.
Stammtisch und RCW waren nicht voneinander zu trennen, es war eine Einheit.
Wie ich eben schon gesagt habe, ist das viele Jahre so geblieben.
Erst in den letzten Jahren ergibt sich mit der Verjüngung des Vorstandes eine gewisse Trennung. Die jüngeren Vorstandsmitglieder sind nicht mehr die bekennenden Stammtischler. Man könnte auch sagen, der RCW nabelt sich ab vom Stammtisch.

Und das ist auch gut so.

Der Donnerstagstammtisch ist keine geschlossene Einheit und offen für neue Mitglieder. Aber bedingt durch die Altersstruktur und die damit verbundenen unterschiedlichen Interessen und Neigungen ist es für die jüngere Generation nicht unbedingt erstrebenswert, bei den Alten am Stammtisch zu sitzen. Die müssen ihren eigenen Kreis finden. Und ich möchte sie ermuntern, damit bald zu beginnen, denn der RCW braucht und lebt von solchen Gemeinschaften.

Doch nun zurück zu unserem Donnerstagstammtisch:

Wie schon gesagt, war Heinz Kasischke der erste Stammtischpräsident. Er blieb das für 13 Jahre bis zum Jahre 1968.

Dann wechselten die Amtsinhaber in relativ kurzen Abständen:

Jeweils für ein Jahr kamen:
Gerd Lochner, Horst von Diecken, Gustav-Adolf Wüstenfeld, Wolfgang Knop, G.A Wüstenfeld , für 2 Jahre und Etzel Winkler , wieder für 1 Jahr

Und dann war Schluss mit der Personalrotation. Gustav Adolf Wüstenfeld übernahm 1976 wieder das Zepter und hat es bis heute nicht mehr abgegeben.

Das sind jetzt 29 Jahre, da sind 14 Jahre von Konrad Adenauer oder 16 Jahre von Helmut Kohl oder gar 26 Jahre von Papst Johannes Paul II nichts dagegen.

Er war immer begleitet von eifrigen Kassierern, die zwei Fähigkeiten haben mussten. Sie mussten die Stammtischkasse füllen und mussten verschwiegen sein. Zurzeit wird dieses Amt, sehr erfolgreich, von Karl Berghoff ausgeübt.
Erfolgreich, weil jede Frage nach dem Kassenstand unbeantwortet bleibt, er ist also verschwiegen; und er penetrant mit seiner Kasse auftritt, sobald eine Runde gegeben wurde. Das heißt „er füllt die Kasse“.

Die Mitglieder des Stammtisches haben in all den Jahren aber nicht nur gerudert. Neben den sportlichen Aktivitäten wurde ein umfangreiches Alternativ-Programm abgewickelt.
So gab es schon kurz nach der Gründung eine Verbindung zu Ruderern in Ulm. Diese bezog sich aber nicht nur auf sportliche Gemeinsamkeiten, es ergaben sich auch freundschaftliche Bande, in die dann auch die Ehefrauen einbezogen wurden.
So machte man z. B. in Verbindung mit einer Regattateilnahme, einen Stammtischausflug nach Ulm, mit Frauen. Im Anschluss an den sportlichen Teil wurde  für einen Abend Fischen im Allgäu besucht. Dabei wurde dem Wirt der „Kemptener Hütte“ eine Urkunde ausgehändigt, auf der die Anzahl der getrunkenen Enziane vermerkt waren.
Die Aussage war: „Noch nie wurde so viel Enzian an einem Abend von so wenigen Menschen getrunken“.

Es gab viele Ausflüge und Besichtigungen:

Da wurde ein Weingut in Zeltingen an der Mosel besucht,
einige Herren reisten gemeinsam nach Mallorca.
In Bad Berleburg ging es in eine Schiefergrube,
man fuhr zum Hanielmuseum in Ruhrort.
Ein Ziel war das Museumsdorf in Münster, mit vortragendem Kiepenkerl.
Besichtigungen gab es bei der Luisenhütte in Wocklum,
bei den Hoesch-Rohrwerken in Hamm,
bei Thyssen-Edelstahl in Witten,
bei Lohmann in Herbede
und andere mehr.

1963 gab es sogar einen Fernsehauftritt mit dem Achter im Duisburger Hafen.
Die Besatzung stellten Männer der ersten Stunde, u. A. auch unser jetziger Präsident. In seiner bekannten Art hat er resümiert:

Honorar: gut (für die Stammtischkasse),
Wetter: schlecht,
Tolle Sache mit Trude Herr und vielen anderen.
Auf dem Bildschirm kamen wir von Koblenz, in Wirklichkeit hatten wir an der Duisburger Schifferbörse eingesetzt.
Nie wieder!

 

Und dann gab und gibt es noch, ein- oder zweimal jährlich, die traditionellen Stammtischwanderungen, immer mit unbekanntem Ziel, organisiert vom Präsidenten und seinen engsten Vertrauten. Im April dieses Jahres hat die 53. Wanderung stattgefunden, dieses Mal nach Attendorn.
Hinzu kommen die im Frühjahr und Herbst durchgeführten Abendwanderungen, die dann mit einem Stammtisch außer Haus, häufig  in Wengern ausklingen.

Regelmäßig zum Ende oder Beginn eines Jahres werden die Damen zum Gänseessen oder Neujahrsessen eingeladen.

Ein anderer schöner Brauch hat sich im Laufe der Jahre entwickelt.
Bei runden Geburtstagen spendieren manche Jubilare dem Stammtisch ein Essen. Das sind dann die Abende, an denen der Stammtisch besonders gut besucht ist. Die nächste Gelegenheit zu einer solchen Geburtstagsfeier bietet sich in der kommenden Woche am Donnerstag.


Ein weiterer schöner Brauch ist im Laufe der Jahre allerdings auf der Strecke geblieben. Die Zeremonie, dass anlässlich des 50.Gebutstages dem Jubilar ein Zinnkrug überreicht wurde, findet nicht mehr statt.
Nicht weil es keine Zinnkrüge mehr gäbe, aber es gibt keine 50jährigen Stammtischmitglieder mehr, wir sind alle älter. Ich möchte darum anregen, dass man der Natur Rechnung trägt und zum 70ten oder 75ten Geburtstag ein Hörgerät überreicht.

Aber in all den Jahren wurde nicht nur gerudert, gereist und gefeiert, es wurde auch gearbeitet.
Meine Aufzählung ist beispielhaft, nicht vollständig und auch zeitlich nicht geordnet:

Die Duschräume wurden mehrmals saniert,
alle sonstigen Räumlichkeiten des Bootshauses renoviert,
das Haus von außen gestrichen.
Das Haus erhielt ein neues Dach,
es wurden neue Bootshallen gebaut und vieles mehr.

 

Und immer waren die Mitglieder des Stammtisches maßgeblich beteiligt. Ohne sie wäre das so nicht möglich gewesen. Für den Vorstand bzw. den Hauswart war der Stammtisch der Arbeitskräftepool, aus dem die Arbeitstruppe rekrutiert werden konnte.


Diese Aussage ist so sicher richtig, ich möchte sie aber etwas relativieren:
Natürlich hätten sich die rudernden RCW-Mitglieder, wenn es den Stammtisch nicht gegeben hätte, auch an den notwendigen Arbeiten beteiligt. Und vieles was gemacht wurde, wäre auch gemacht worden. Aber für den Vorstand wäre es ungleich schwieriger gewesen, ein Arbeitsteam zu finden, wenn nicht  eine so homogene Gemeinschaft bestanden hätte, die sich bewusst war, für sich selbst etwas zu schaffen und von dem Geschaffenen selbst zu profitieren.
Allerdings ist es zu allen Zeiten mit den Arbeitswilligen nicht so einfach gewesen, wie es sich jetzt anhören mag. Ich kenne das aus eigener Erfahrung und auch alle  Hauswarte haben die Erfahrung gemacht.
In der Chronik habe ich im Jahre 1974 einen Hinweis gefunden, der besagt:
„ Neuanstrich des Bootshauses im Sommer. Mehr Zuschauer als Anstreicher“.

Ich habe eben schon mal erwähnt, dass sich im Laufe der Jahre, wie man so sagt, „die Zeiten geändert haben“.


Auch der Ablauf der Stammtischabende hat sich im Laufe der Jahre verändert. Es werden nicht mehr 100 Reibeplätzchen innerhalb einer Stunde verspeist, Kämme werden nicht mehr verbrannt, der Tisch bleibt am Boden und wird nicht mehr angehoben. Es gibt keine obskuren Runden wie Gurken, Käse oder Spiegeleier mehr.
Die Stammtischabende gehen auch zeitiger zu Ende. Die Gründe hierfür sind sicher nicht mit mangelndem Gemeinschaftsgeist oder mit einem Verlust an Geselligkeitsbedürfnis zu erklären. Oder doch?
Die Einstellung oder die Mentalität der Einzelnen hat sich im Laufe der Jahre schon etwas verändert. Man ist nicht mehr in den Dreißigern, wie die Gründer damals, man hat nicht mehr deren Tatendrang (Aufbruchsstimmung, siehe oben).
Man ist in den Sechzigern bis Siebzigern und da ist das Bedürfnis nach mehr Ruhe und Beschaulichkeit etwas ausgeprägter geworden, wenn auch noch nicht vorherrschend.

Hinzu kommt, dass äußere Einflüsse den Verlauf der Abende relativ stark beeinflussen.
Zwei oder drei Pils und das erlaubte Volumen ist erreicht. Dafür muss dann schon der eigentlich satzungsmäßig vorgeschriebene Underberg stehen bleiben.
Und der Doktor und andere klugen Leute, meinen auch, auf unsere Ess- und Trinkgewohnheiten, Einfluss nehmen zu müssen. Das alles sind für einen geselligen Stammtischabend, wie er aus früheren Zeiten geschildert wird, starke Hemmnisse.

 

Aber nichts desto trotz, der Stammtisch hält durch.
Dabei ist es nicht so, dass heute die Stimmung unter den “erschwerten Bedingungen“ nicht gut wäre. Nein, seit Jahren, genauer gesagt seit 50 Jahren, setzt man sich mit einem guten Gefühl an den Stammtisch, jeden Donnerstag um 20 Uhr oder etwas später, aber nie früher.

Bei der Betrachtung und Bewertung dieser Männerrunde darf ein Fakt nicht unerwähnt bleiben; und das ist der jetzige Präsident des Stammtisches.
Wie eingangs gesagt, ist er seit 1976 im Amt und achtet auf die Einhaltung der Regularien.

1972 wurden die bis dahin ungeschriebenen Gesetze in Schriftform gebracht. Für die Souveränität der Präsidenten spricht, dass die geschriebenen Stammtischgesetze der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht wurden..

Ich werde sie Euch jetzt zur Kenntnis geben:
Ich zitiere:

“Die ungeschriebenen Gesetze des Stammtisches, niedergeschrieben 1972“

  • Der Präsident wird Anfang Mai für ein Jahr gewählt und herrscht diktatorisch.

  • Der Kassierer hat die Gelder des Stammtisches zu verwalten. Er ist nur dem Präsidenten gegenüber verpflichtet, den Kassenstand zu nennen.

  • Bierrunden werden mit einem Groschen oder mehr honoriert. Der Spender ist vom Groschen befreit.

  • Die Preise für Runden anderer Art werden vom Kassierer jeweils festgesetzt. Widerspruch ist zwecklos.

  • Der Stammtisch kann erst eröffnet werden, wenn mindestens 11 Ruderer anwesend und es 20 Uhr  ist. „Underbergrunde“

  • Wer Bier umschüttet oder eine Runde antrinkt, zahlt eine Runde Bier.

  • Seit  der Eifelwanderung gibt es eine mobile Stammtischglocke. Diese hat der Präsident auf Wanderungen, kurzum bei auswärtigen Stammtischen mitzuführen.

  • Personen weiblichen Geschlechts sind nicht zugelassen.

  • Zum Stammtisch gehört man erst, wenn man mindestens eine Gastrunde gegeben hat und von der Runde akzeptiert wird.

Soweit die Gesetzeslage, die dem Präsidenten zur Seite steht.


Er plant und organisiert Wanderungen, Ausflüge und die jährlichen Essen, mit und ohne Damen, er koordiniert die Stammtischabende und organisiert Ersatzlokale, wenn für uns der Stammtischraum mal nicht zur Verfügung steht.
Das kommt vor, wenn die Kastellanin  Ferien macht oder eine größere Gesellschaft, uns schon mal um Verzicht auf unseren angestammten Platz bittet.
Auch andere Gründe konnten vorliegen:
Die Chronik sagt aus: 25.11.1995 / Am Donnerstag war das Bootshaus wegen Trunkenheit des Kastellans geschlossen.

Einmal abgesehen von einer Tagesfahrt Schwerte/Witten, an der er als Steuermann teilgenommen hat, habe ich Gustav-Adolf Wüstenfeld bewusst nicht mehr im Ruderboot erlebt. Das bedeutet, er kommt nun seit mehr als 25 Jahren zum Ruderclub, „nur“ um am Stammtisch teilzunehmen. Ja man kann sagen, um „Bewahrer“ des Stammtisches zu sein.
Ich denke, er hat durch seine regelmäßige Anwesenheit ganz wesentlich zum Bestand dieses Stammtisches beigetragen.
Selbst als er mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, ließ er sich zum Ruderclub bringen, um sein Amt auszuüben. Im vorigen Jahr hatte es ihn dann etwas härter erwischt und er hat uns einige Wochen gefehlt. Nun hat sich aber wieder gut erholt und wir freuen uns, ihn wieder bei uns zu haben.
Wir freuen uns auch deshalb, weil er nun wieder seine Präsidenten-Underberge sammeln kann. Auf den AH-Wanderfahrten, die ja bekanntlich einen Donnerstag einschließen, müssen wir dann nicht auf das Paket verzichten, das die Präsidentenunderberge enthält.

Bei der diesjährigen Wanderfahrt allerdings gab es keine Präsidenten-Underberge. Mag sein, dass es nicht genügend Underberg gab oder was wahrscheinlicher ist, wollte der Präsident uns die Zollformalitäten ersparen. Schließlich waren wir im „Nicht-EU-Ausland“.

Wir kennen alle den reimenden und Verse schmiedenden Gustav-Adolf, dem es ein Anliegen ist, jeden Ruderkameraden in seine Verse einzubeziehen und der die schönen Bootshausgeschichten von der Dolle, den Skulls und dem Rollsitz erzählen kann.
Ich meine, wir sind ihm einen Dank schuldig, er hat einen großen Anteil zum Fortbestehen dieses Stammtisches beigetragen.
Erhebt mit mir Euer Glas und lasst uns auf ihn einen Toast ausbringen.


Gustav-Adolf, wir danken Dir, und ich darf jetzt ausnahmsweise einmal Dein Kommando verwenden, wir trinken auf Deine Gesundheit mit einem dreifachen Ruck-Zuck-Hinein, Ruck-Zuck-Hinein, Ruck-Zuck-Hinein.

Nun soll man so ein Dankeschön ja auch immer mit einem Geschenk verbinden.
Und das tun wir auch. Wir machen Dir ein Überraschungsgeschenk. Eine Überraschung für Dich und eine Überraschung für die Schenkenden, Deine Ruderkameraden, denn die wissen noch nicht, dass größere Umstände auf sie zukommen.

 

Wir schenken Dir eine Nachmittagsreise für 2 Personen.


Es ist eine kombinierte Kultur-Schiffsreise zum Schloss Mallinckrodt.  Ich habe Schiffspassagen für Dich und Deine Frau gebucht, auf dem Kreuzfahrtschiff  „Graf Schöneberg“. Kapitän und Steuermann auf diesem Schiff ist der Ruderkamerad  Peter Wilhelm. Der Schiffsantrieb ist ein  8-Zylinder-Reihenmotor, zusammengesetzt aus Mitgliedern des Donnerstagstammtisches. Als Fremdenführer konnte ich den allseits bekannten, heimatbewanderten und stimmgewaltigen Ruderkameraden F.O. Braun gewinnen.
Der Reisetermin sollte in der ersten Juli-Hälfte liegen. Die Detailplanung machen wir von Deinem Terminkalender und vom Wetter abhängig.

 

Ich möchte schließen mit Gedanken, die sich ein Ruderkamerad anlässlich des Sieges des Alt-Herren-Achters in Trier gemacht hat:


Ihr seht ich bin wieder am Anfang angekommen. Wir sind zurück  in Trier.
Ich möchte noch mal darauf aufmerksam machen, die so genannten „Alten Herren“ waren damals „in den Dreißiger Jahren“.

Ich zitiere:

Die „Alten Herren" fahren in Trier den ersten Achter-Sieg heim. Ein Poet besingt ihre „Taten"

 

"Alter Herr".  
Spürst Du, wie Kalk schon hinter der Tapete rieselt?
Wie man beim ersten Luftzug schon bedenklich nieselt?
Wie Du von Jahr zu Jahr 'nen größren Umfang hast,
weshalb Dir auch die Ruderhose nicht mehr passt?
Spürst Du, wie das Schuhe schnüren Mühe kostet,
wie langsam, aber sicher auch das Herz verrostet?
Und wie zum Rudern Du noch kaum Courage hast,
weil auch der Rollsitz nicht mehr richtig passt?
Du kannst Dich selber kaum noch überwinden,
wirst nur ganz selten noch den Weg zum Bootshaus finden.
In den bedrückten Mienen ist alsdann zu lesen:
„Behüt' Dich Gott, es ist so schön gewesen l"
Ja, wenn das Rudern niemals abgerissen wär',
dann wär' der Wiederanfang nicht so schwer ! –
Darum, willst Du beweglich bleiben möglichst lange,
dann - lieber „Alter Herr" - bleib' bei der Stange!