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1994 Gemischte Wanderfahrt auf der Donau

 

Auf der Donau von Passau bis Wien

 

1978 und 1980 waren wir schon auf der Donau. Herausragend war vor allem die zweite Wanderfahrt von Passau bis Wien. Der Schreiber dieser Zeilen war damals ein begeisterter Teilnehmer und so organisierte er - auch auf Grund zahlreicher Wiederholungswünsche - eine Neuauflage. Es wurde dieselbe Strecke gewählt, doch sonst war manches anders.

Erstmalig war die traditionelle Alt-Herrenwanderfahrt eine „gemischte“, das heißt, mit Ruderinnen angereichert. Dann wechselte die Zusammensetzung der Crew des öfteren. Jeder konnte entscheiden, auf welchem Teil der Donau er dabei sein wollte. Des weiteren wurden wie schon einmal in Schleswig Holstein Fahrräder mitgenommen.

Und schließlich gab es viele Sonderprogramme, um nicht nur die Natur, sondern auch die Kultur der Wanderregion zu erleben.

 

Am Donnerstag, den 19.05 starteten Heinrich Frinken und Anton Schnurr als erste mit dem vom Gymnasium Marl ausgeliehenen Hänger mit den Booten  „Etzel“, „Little Jack“, zwei Fahrrädern und allem nötigen Zubehör. Es regnete in Strömen. In Passau waren Ulla und Fritz Otto Braun etwa zur gleichen Zeit angekommen. Am nächsten Morgen vervollständigten Marita und Siegfried Held, sowie Irmgard Frinken die Crew der ersten Etappe.

 

Bereits an diesem ersten Abend erwartete uns ein kulturelles Ereignis besonderer Art. Wir erlebten im Dom ein Musikfest mit Chören und der größten Orgel Europas, die bekanntlich über 17700 Pfeifen hat. Das Fest galt dem 400. Todestag von Orlando di Lasso und Giovanni Palestrina. Ina Schnurr, Studentin in Passau, und Tochter von Anton Schnurr, war als Gast ebenfalls dabei.

 

Das Bootshaus des Passauer Rudervereins liegt nicht mehr an der Donau, sondern etwa 5 Km Inn aufwärts oberhalb eines Sperrwerkes. Wir setzten des „relativen“ Hochwassers wegen etwa gegen 14 Uhr unterhalb der Sperre in den Inn ein, doch nach 5 Km waren wir auf der Donau und die Wanderfahrt begann. Die ersten Kilometer zeigten uns schon, was wir in den nächsten Tagen zu erwarten hatten: felsiger Untergrund, starke Strudel, und Brückenpfeiler, die in der starken Strömung „Bugwellen“ gleich großen schnellen Schiffen aufwarfen, die, wenn sie sich kreuzten, uns Ruderer mit vollen Duschen erfreuten.

„Raddienst“ hatten übrigens auf der ersten Teilstrecke bis Engelhartszell Ulla und Irmgard, die den gut ausgeschilderten Weg parallel zur Nibelungenstraße am Donauufer entlang radelten.

 

In Engelhartszell lagen zwei für eine Ausstellung „Donau“ hergerichtete ausrangierte Frachtkähne. Die geologischen Ereignisse mit der Entstehung des Stroms aus einem riesigen Urstromtal, das vom Mittelmeer über Rhone, Doubs, Oberrheintal bis ans Schwarze Meer reichte, waren eindrucksvoll dargestellt. Bilder aus der Römerzeit, der Völkerwanderung, dem Hunneneinfall und den Türkenkriegen zeigten die geschichtliche Bedeutung dieses Stromes. Ausgespart wurden auch moderne Probleme nicht wie Verkehrsfragen und Wasserversorgungsprobleme. Heute gibt es auf der Donau allein in Österreich 9 Kraftwerk-Staustufen mit insgesamt allerdings nur 1,5 MW elektrischer Leistung.

 

Weiter ging es nach Schlögen, genau im Donauknie gelegen. Nun mussten die PKWs von Passau nachgezogen werden, als „Neue“ wurden Marita und Peter Wilhelm begrüßt, doch gegen 22 Uhr waren wir schließlich beim gemeinsamen Abendessen. - Am nächsten Morgen stand die etwa 50 km lange Route über Aschach nach Linz auf dem Programm.

In Linz bewunderten wir noch am Abend vom Pöstlingberg aus Stadt und Umgebung. Am Pfingstsonntag bestaunten wir beim Rundgang Österreichs älteste Kirche auf dem Schloßberg (von 790), bummelten durch die Renaissance-Altstadt, hörten im Alten Dom einen Teil einer Mozartmesse zum Hochamt, ließen uns an Bruckner erinnern, machten von uns allen ein Foto neben Johannes Keppler und kehrten schließlich zur „Jause“ in ein Kaffee nahe am neuen Dom.

Bei dieser Jause entstand der Wunsch, am Nachmittag einen reinen Damenvierer nach Mauthausen fahren zulassen. Doch ein Vierer mit Steuermann hat fünf Personen an Bord. So beschlossen die Damen einstimmig, Anton zur Ehrenjungfrau Antonia zu machen. Die Damen waren dadurch offenbar sehr animiert, denn trotz einer Schleuse waren sie vor den mit aller kraft radelnden Ehemännern am Etappenziel. Am Abend wurde dieser „Sieg“ groß gefeiert und Ehrenjungfrau Antonia wieder ein normaler Anton.

 

Inzwischen wusste auch jeder, dass die Donau ein besonderer Strom ist. Breite, Strömung, meist über ungekünzeltem Grund, häufig spürbare Strudel, hervorgerufen von Felsbrocken und Sandbänken, meistenteils unbefestigte Ufer, große, schnelle Passagierschiffe und mächtige Schubeinheiten, vorwiegend aus südosteuropäischen Ländern, vermittelten einen nachhaltigen Eindruck. Ruderer, Ruderinnen und Steuerleute waren stets voll gefordert. Anne Biedermann kennt jetzt auch den Unterschied zwischen Fluss und Strom! Die Landschaft, durch die wir ruderten, ist - bis auf das kurze Industriestück bei Linz - wunderschön. Hervorzuheben sind aber vor allem die Strecken zwischen Passau und Aschach, der Strudengau um Grein und die Wachau. - In Grein war die Fahrt für Marita und Peter Wilhelm bereits zu Ende, und das gleiche galt in Pöchlarn auch für Marita und Siegfried Held und Anton Schnurr.

Die Ganzstreckenteilnehmer, zweimal Braun und zweimal Frinken, besichtigten bei Pöchlarn das Stift Maria Taferl, eine typische österreichische Barock-Walfahrtskirche.

 

Der nächste Tag war ruderfrei und wir brachten schnell Bootsanhänger und Schleppfahrzeug nach Stein. Unterwegs stiegen wir in Dürnstein zur Ruine der Burg, auf der einst Richard Löwenherz gefangen war. Man hat von dort einen sehr schönen Blick über die untere Wachau. Nach St. Michael mit einer Burgkirche aus dem 10. Jahrhundert und einer zünftigen Brettl-Jause beeilten wir uns, um zur Besichtigung des Stiftes in Melk zu kommen. Dort liefen uns Biedermanns über den Weg, mit großem Hallo empfangen.

 

Das Stift Melk, wohl eines der bekanntesten Barockstifte des Benediktinerordens in Österreich mit umfangreicher Bibliothek bot eine Ausstellung zur Geschichte der Reformation, die einst ganz Österreich umfasste, das aber dann durch den Jesuitenorden auf Anweisung des spanisch beeinflussten Kaiserhauses wieder rekatholisiert worden war.

Zurück in Pöchlarn gesellten sich Alice Blumberg, Rolf Kernebeck und Dieter Werner zu uns: Die Crew für den letzten Teil der Fahrt war wieder komplett. Nicht dazu gehörte Seine königl. Hoheit Markgraf Max von Baden der mit einer vierspännigen Kutsche von Salem nach Wien fuhr. Wer aber wohnt schon als Ruderer mit solch einem prominenten Erdenbürger in einem Hotel!

 

Am nächsten Tag stand die Strecke bis Stein-Krems quer durch die Wachau auf dem Programm, wobei wir uns zum Teil aus dem 11. Jahrhundert stammende historische Bauwerke nicht entgehen ließen. Auf dem Abschnitt des folgenden Tages, nach Tulln, kam dann auch noch der große Regen. Die einen, die die Bootshänger nach Tulln überführten, kamen glimpflich davon. Die anderen, die Damen Anna, Ulla und Irmgard hatten „Raddienst“ und wurden voll erwischt, während die nicht zum Tross gehörenden Rolf und Dieter regennass vor dem geschlossenen Bootshaus in Stein kauerten. In Tulln - übrigens kinderland­verschickte „Kriegs-Heimat“ von Karl – saß der Maler Egon Schiele (1890-1918) wegen Verführung Minderjähriger und wohl auch pornoähnlicher Bilder in Haft. Die Ausstellung seiner Bilder im nachgestellten Gefängnis und den anschließenden Zimmern des heutigen Museums zeigten seine große Begabung, doch empfanden wir die Ausstellung zwar sehenswert, doch auch problematisch. Es war schon Mittag, eh wir zur letzten Etappe nach Wien aufbrachen.

 

Dieser letzte Teil unserer Donaustrecke war besonders durch Strömung und Strudel gekennzeichnet. An der letzten Schleuse erlebten wir auch noch den unfreundlichsten Wärter Österreichs: „Ihr könnt umtragen“, was wir dann auch gleich zweimal mussten. Trotzdem, am Steg des Rudervereins Donauhort am Sporn in Wien Nußdorf waren wir planmäßig gegen 17 Uhr. lrmgards Schwester mit Schwager waren zum Empfang erschie-nen, hatten Ruderfreunde aktiviert, die uns wegen der stark und schräg verlaufenden Strömung beim schwierigen Anlegeprozess entsprechend einwiesen. Ein einheimischer Renn­-Doppelsechser o. St. zeigte uns wenig später, wie man so etwas auch ohne Hilfe macht.

 

Die Ruderwanderfahrt 1994 war zu Ende!

 

Der Rest galt Wien. lrmgards Schwester hatte in Nußdorf in einem Heurigenlokal, wo Wiener hingehen, einen Tisch bestellt. Es war eine fröhliche Stimmung. Doch Wien bietet mehr als den Heurigen. Das erlebten wir am Sonntag unter der sachkundigen Führung von Irmgard Münster, einer Freundin von Irmgard Frinken. Die letzte Wohnung Mozarts, der Stefansdom, die Peterskirche, die Schatzkammer, die Hofburg, es sind alles Perlen im reichen Besichtigungscollier Wiens. Der Abschluss war am Abend in der Staatsoper, es wurde „Aida“ gespielt. Gab es ein schöneres Fi­nale?

 

Es war eine ereignisreiche Fahrt. Allen Teilnehmern sei gedankt. Jeder hatte seinen Anteil am Gelingen und an der Harmonie.

 

Heinrich Frinken

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